Mittwoch, 28. Juni 2017

Tag 12: 02 + 06 = 14

Weil nach der Indischen Laufente gefragt wurde: Immerhin für ein Abbild selbiger war ich mit dem Foto schnell genug:


Heute Morgen gilt es erstmal in 45 Minuten zum eigentlichen Startpunkt an der Waldschule auf knapp 1.000 Metern hinab zu kommen. Zum großen Teil muß ich dazu auf Asphalt gehen, aber da ich mich in dieser Hinsicht in den letzten Tagen extrem geschont hatte, ist das auch kein Problem.

Von dort geht es dann an den Aufstieg. Mal steiler, mal weniger steil, geht bis auf über 1.400 Meter hoch und dabei an Forsthäusern und ähnlichen einsam gelegenen Gehöften vorbei.

Den Reigen der heutigen Wander-Begegnungen eröffnet eine Frau, die betont NICHT auf dem Mariazeller zum Pilgern, sondern einfach nur zum Wandern unterwegs zu sein. Aha, ich werde ja auch immer gefragt, ob ich auf dem 06er unterwegs bin - komische Frage, ich gehe doch wenn von Mariazell wegwärts.

Heute ist der Zentralalpenweg in großen Teilen deckungsgleich zu einem der Mariazeller Pilgerwege. Bereits kurz nach der Mittagspause an einem Pilgerkreuz - als Petrus sich mal kurz einen tröpchenweisen feuchten Scherz mit mir erlaubt hatte - begegnet mir das erste richtige Pilgerpaar. Insgesamt kommen noch zwei Pärchen und ein Fünfer-Trupp mit kunstvoll geschnitztem Rosenkranzkreuz, mit denen ich ins Gespräch komme. Die Idee, ich könne doch auch mal bei dieser Fußpilgerfahrt nach Jerusalem muß ich allerdings weit von mir weisen: Zu warm, zu wenig Berge, zu wenig katholisch. Auf letzteres kontert der Kenner, ich könne als Lutheraner ja auch dem Weg des Buches folgen.
Was es alles gibt, aber vorerst bleibe ich mal beim 02er.


Auf der Schanz kehre ich ein und Karte braucht es auch keine, nachdem ich den Apfel-Heidelbeer-Strudel am Nachbartisch gesehen hatte :-)


Als ich gerade wieder losgehen will, kommt ein älterer Herr. Wie sich herausstellt, ist er auch am Zentralalpenweg unterwegs. In meine Richtung. Er macht halt mal schnell meine letzten drei Tagesetappen in zwei Tagen (Vorteil: er hat statt bei den komischen Kerlen am Alois-Günther-Haus bei den netteren Leuten in der hübscheren Rosegger-Hütte übernachtet, dadurch hatte er auch keine Probleme mit der Quartierfindung in Alpl). Wir verabschieden uns auf später ...

Wie mir Bruno, der Pensionär mit der Frau gerade auf Kur, abends im Gespräch gestehen wird, hat er mich zu diesem Zeitpunkt etwas falsch eingeschätzt: Riesiger Rucksack, Anfänger, schnell eingeholt.

Er irrte zu den letzten zwei Dritteln, denn die verbliebenen angeschriebenen 3,5 Stunden gehe ich wirklich zügig und ohne Pausen an, weil dunkle Wolken und entferntes Donnern drohen.
Da ich bereits vor zwei Tagen den Staub von Niederösterreich bzw. Burgenland an den Schuhen und das Salz am Rucksack beim Eintritt in die Steiermark abgewaschen habe, brauche ich nicht schon wieder eine Komplettwäsche von oben.

Letztlich werde ich dem Tröpfeln erfolgreich davon laufen, auch wenn ich wohl nicht immer, wie sich herausstellen sollte, ganz akkurat meinen 02er-Weg verfolgt habe bzw. geht hier unterschiedliches Kartenmaterial wohl unterschiedliche Wege.

Egal wie, nach 30 Kilometern und gut 950 Aufstiegsmetern erreiche ich gut gelaunt das heutige Tagesziel, das Wirtshaus am Strassegg.

Kommen wir nochmal zu unserer Ausgangsrechnung, über die evtl. trotzdem noch der eine oder die andere nachdenkt: 11 Pilger und 1 Nicht-Pilgerin auf dem 06er Weg + 2 Wanderer in die Gegenrichtung auf dem 02er macht nach Adam Riese eben nun mal 14.

Am Ziel kommt dann noch eine Heerschar an Pilgern dazu: 3 Damen und ein Trupp um die 20 Leute von der Feuerwehr, die noch ordentlich am (Durst) Löschen sind.

Mit Bruno quatsche ich dann noch den ganzen Abend richtig nett. Er hat vor, bis Knittelfeld zu gehen, wobei wir in den nächsten beiden Tagen getrennte Wege gehen werden (er: Südroute, ich: Nordroute), aber ich freue mich schon, ihn hoffentlich dann am Hochanger-Schutzhaus wieder zu treffen, denn nachdem er mich aus der ersten Schublade wieder heraus geholt hatte, haben wir uns viel über (Weit-)Wandern, EDV und alles mögliche unterhalten.

Für weitere Unterhaltung sorgen auch die beiden Originale, die hier die urige, gemütliche und mit super Speisen servierende Unterkunft führen.


Begegnungen:
13 Wanderer (inkl. Bruno)
Feuerwehrpilgertruppe (deren Schnaps Bruno dankenswerter Weise leert)

Montag, 26. Juni 2017

Tag 11: Das Zischen der Schlange

Der Trockenraum auf dem Alois-Günther-Haus und der Kachelofen waren leider nicht in Betrieb, so daß meine Klamotten leider auch nach der sehr langen Nacht teilweise nicht trocken waren. Ja, die Nacht war wirklich lang, denn Frühstück sollte es ab 09:00 geben. NEUN Uhr. Auf einer Berghütte.
Aber als die beiden Adjutanten gestern gefragt hatten, offenbarte mir ein Blick in den Wanderführer, daß heute eine recht kurze Etappe anstand, weswegen ich gar nicht weiter insistierte, sondern die GANZ lange Nacht mit frühzeitigem Schlafengehen nach dem langen Tag bevorzugte.

Nun sah es draußen auch bereits gar nicht mehr so schlecht aus (man kann immerhin schon Wiese vor der Hütte sehen):


Bis ich losgehe hat sich der Nebel dann auch ganz verzogen und auch die Wolken verschwinden im Laufe des Tages noch ganz.

Der Weg schlängelt sich heute weiter über die Hochlagen hinweg. Die hier in der Gegend meist baumfrei sind und in der modernen Zeit von den Bundesforsten für andere wirtschaftliche Zwecke als die Holzwirtschaft genutzt werden.


Hier wird Wind geerntet. In Massen. Sowohl was die Anzahl der Anlagen als auch deren Nennleistung von 3 MW pro Rotor kann sich sehen lassen und da es hier - wie heute - wohl meist ordentlich Wind gibt, fällt immer wieder ein Schatten auf mich und es Zischen die Rotoren beim Passieren.

Auf dem Roseggerhaus kehre ich zu Mittag kurz ein und weiterhin scheint mein Hauptproblem heute überhaupt nicht das Gehen zu sein, sondern eine Unterkunft im Bereich Alpl, dem heutigen Etappenziel zu finden, die noch existiert, die noch vermietet und die heute keinen Ruhetag hat.

Gott sei Dank ist aber auf die Bodenkontrolle Verlaß: Just als ich an einer entscheidenden (in welche Richtung zum Übernachten ?) Wegabzweigung das Handy auspacke, beginnt es zu klingeln. Die Dame in der Leitung hat schon Vorarbeit geleistet, Koordinaten zur Prüfung schnell durchgegeben (puh, ganz schöner Umweg), übernimmt dann gleich Reservierung und gibt mir Wegbeschreibung durch, denn es soll wohl kompliziert zu finden sein.

Ha, vom Finden habe ich doch von einem Such-Spiel etwas Erfahrung (auch wenn ich mich heute bei Gert gleich noch blamiert hatte ...) und Beschreibung und Koordinaten passen wirklich so etwas von genau, auch wenn ich letztlich ca. 3,5 Extra-Kilometer und 150 Extra-Höhenmeter am Tacho stehen habe.

Die Unterkunft ist einsam und von der Art eines Forsthauses und sämtliche Tiere, die mir bisher begegnet sind - wie auch die Pensions-Besitzer - sind richtig nett. Getränke gibt es hier gleich meinem Durst angemessen in Oktoberfestportionsbehältnissen:


Am interessantesten dabei finde ich ja, daß die von den Raubvögeln noch übrig gelassene Indische Laufente nicht nur Schnecken jagt, sondern quasi der schärfste (Wach)Hund des Hauses ist, der auch ab und an mal die nominellen Hunde Luna und Lilly jagt ;-)

Aber mein hübsches Zimmer habe ich ganz für mich ...



Begegnungen:
1 Raubvogel
Mountainbiker + Wanderer unterwegs
1 Indische Laufente (am Ziel)
Lilly und Luna (die beiden Hündinnen am Ziel)
Tiger und Siamese (mindestens zwei Katzen am Ziel)
2 Ziegen (am Ziel)

Tag 10: Vom Wechsel am Wechsel

Mit zeitig Frühstücken und bald los gehen, klappt es hier leider selbst auf den Berghütten nicht so richtig.

Dabei war es morgens so schön draußen und ein Häschen sah ich auch aus meinem Zimmer im zweiten Stock unter dem Dach hoppeln.


Trotz des Gewitters und dem sperrangelweit offenem Fenster hatte es leider nicht so richtig in meinem Zimmer abgekühlt, aber der Tag begann beim Losgehen mit 22-24 Grad sehr angenehm.


Mir wurde trotz schnell warm, nicht nur weil mehr und mehr die Sonne zwischen den Wolken hindurch schaute, sondern weil es ab der Bergstation des nächsten Lifts über die sog. Steinerne Stiege ganz ordentlich nach oben ging. Dann ging es durch den lichter werdenden Wald, bis ab 1500 Meter freies Terrain vorherrschte. Über selbiges erreichte ich den Gipfel des Niederwechsels, wo mich 4 Pferde erst interessiert aus der Ferne musterten, bevor dann die Neugier obsiegte und sie mich, meinen Rucksack und meine Stöcke nach Umzingelung sowie Einkesselung anstupsten.


NEIN, ich und meine Sachen sind nicht zum Anknabbern.
Nach einer ordentlichen Standpauke, zogen sie denn aber (beleidigt) von dannen.

Weiter ging es zum Hochwechsel.
Auf dem Weg begegneten mir nun mal richtig Wanderer am späten Sonntag Vormittag. Die ersten von Ihnen freuten sich über den ersten Entgegenkommenden (meiner einer) genauso wie ich mich über sie freute und wir kamen kurz ins Gespräch.

Am Wetterkogler Haus auf dem Hochwechsel stand dann eine erste Pause und Stärkung an, denn ich hatte heute ja noch einiges vor mir und die dunklen Wolken verhießen nicht nur Gutes.

In großem Bogen nach Norden, über Umschussriegel und Schöberlriegel ging es weiter bis nach  einem Abstieg nach Westen an einer Alm der erste Regen einsetzte.
Die Leute dort flüchteten nach drinnen und ich überlege, ob ich auch erneut Einkehren sollte. Ich entschied mich dagegen und packte nur Kamera & Co weg und setzte dem Rucksack den Regenüberzieher auf. Die Entscheidung sollte sich später bewähren.

Einige hundert Meter war der Regen denn aber doch so stark, daß ich zumindest mal den Anorak zum Weitermarschieren anzog.

Nach einiger Zeit hörte der Regen auf und der Anorak wurde wieder weg gepackt, die Wolken wurden aber immer finsterer und Gewitter waren gut hörbar im Gange. Kurz vor dem Feistritzsattel begann es dann u.a. mit Starkregen loszubrechen. Ich hatte nur noch 200m zum Sattel, verpaßte in der Hektik den richtigen Weg und schlug mich durch 1m hohe Sumpfpflanzen auf einem aufgelassenen Weg bis zur Straße durch. Dumm nur, daß es hier außer einem Parkplatz nichts gab. Nichts ?
Naja, ein Loipen-Kassenhäuschen bot mir zumindest ein überstehendes Dach.

Dann ging die Welt unter. Teilweise hielten Autos auf dem Parkplatz, da sie ob der Wassermassen nicht mehr weiter fahren konnten. Der Wind kam genau aus der falschen Richtung und peitschte den Regen unter das Dach. Am Ende stand ich mit dem Rücken an der Tür ans Haus gepreßt.

Nach knapp einer Stunde war das gröbste vorbei. Kein Blitz und Donner mehr und gleichmäßiger Regen. Mit Regenhose und Anorak mußte ich nun wieder los, denn es war ja schon spät geworden.

Über den Harterkogel ging ich gen Pfaffensattel und ich muß Euch sagen, da oben, auf den freien Flächen zwischen den Wäldern auf beiden Seiten, bei leichtem Regen, wenn der Wind die Wolken und den Nebel immer wieder über den Sumpf trieb, kam ich mir etwas vor wie in jenen Edgar-Wallace-Filmen aus der guten alten Zeit.

Es war naß. Es war schaurig. Es war schön, denn ich sollte den ganzen Tag nur 77 Meter Asphalt gehabt haben (1 Straße kreuzen, 1 Straße schräg queren).
Hinab zum Lost Place am Paffensattel führte dann ein sehr steiler Haxenbrecherweg, aber da der Regen mittlerweile aufgehört hatte, war das kein Problem.

Gerne hätte ich mich dort für die 411 Aufstiegsmeter zum Stuhlegg nochmal gestärkt, aber hier gibt es wohl schon länger nichts mehr:


Regenhose und Anorak wurde weggepackt, eine kleine Jause vom Rucksack in den Wanderer umgelagert und dann ging es an den Schlußspurt für heute: Entweder 1,75 h  den Fußweg oder 1,75 h die 4 km Maut(schotter)straße hoch.

Ein breiter Weg war mir nach dem Regen lieber, wollte ich doch mit kurzer Hose nicht jede Menge (weiteres) Wasser in den Schuhen sammeln.

Also los ...

Ich kam mir vor wie ein Uhrwerk, wie ich ohne Unterlaß die steile Fahrstraße hochging. Jetzt nur nicht mehr anhalten. Ab und an ein Blick aufs GPS und ich kam  wirklich gut voran. Oberhalb der Baumgrenze wurde der (Gegen)Wind heftiger und es wurde langsam frisch. Der Nebel wurde immer dichter. Aber so weit konnte das Alois-Günther-Haus ja nicht mehr sein. Als ich in spitzem Winkel einen Pfad mit 3 sichtbaren Stickeln einmünden sah, prüfte ich die Richtung am GPS und erkannte, daß ich hier die letzte Serpentine des Fahrwegs wohl würde abschneiden und direkt zur Hütte kommen würde. Nach und nach wurde der Nebel so dicht, daß ich nur noch einen Holzpfahl vom aktuellen aus sehen konnte - wohlgemerkt, die waren hier nicht in 50 m Abstand wie an der Straße, sondern eher 10 bis maximal 15 Meter auseinander.

Gespenstisch !
Unwirklich !
So kam ich dem Angestellten auf der Hütte auf 1782 m dann wohl auch vor, als ich kurz vor 18:30 Uhr plötzlich zur Tür herein kam.

Nachdem er sich vom ersten Schock erholt hatte, holte er dann auch noch den Koch aus den Federn, damit ich noch etwas warmes zu Essen bekam.



Begegnungen:
1 Hase
Erste Alm-Pferde
Erste Alm-Kühe
Duo, daß sich über Entgegenkommenden freut
1 Schneehuhn (oder ähnliches)
1 Fasan
3 Gämsen und 3-4 Jungtiere


Samstag, 24. Juni 2017

Tag 09: Der erste Dreitausender der Tour

Bevor die Ortskundigen nun gleich aufschreien, nur ruhig bleiben: Natürlich weiß ich, daß der Schneeberg mit gut 2.076 Metern der höchste Niederösterreicher ist, ich bin auch nicht weiter getrampt, habe nicht abgehoben und halluziniere auch nicht - wartet es einfach mal ab ...

Nach einem guten Frühstück hieß es am Morgen erstmal Abschied von der netten Familie Buchegger in Tiefenbach nehmen - nur der Chef muß wohl am Vorabend noch länger mit den Wienern gelumpert haben, denn entgegen seiner Versprechungen, war er morgens nicht zu sehen - DAS merke ich mir ;-)
Die nächste spannende Geschichte war dann gleich anschließend im Gästehaus, die Bergstiefel wieder an die Füße zu bekommen. Scharf einatmen, Augen zu und durch.

Dann hieß es erstmal den Rest der offiziellen Etappe über die Straße und einen Hügel nach Krumbach zu gehen. Es lief eigentlich ganz gut, vor allen Dingen war es zumindest am Morgen noch nicht gar so heiß, wie die letzten Tage.

In Krumbach am Weg noch ein paar Besorgungen erledigt und dann ging es einen Waldweg hoch zum Schloß. Letzteres hatte ich aber nur vom Tal gesehen, da der Weg hier im Wald nicht direkt vorbei führt, auch wenn er auf der Anhöhe wieder auf die Straße mündete. Wenn später in einer Haarnadelkurve mußte ich mich dann entscheiden: Sommer- oder Winter-Weg.

Winter klingt kühler also der Straße weiter gefolgt :-)
Es ging durch den Wald, ab und an war sogar ein Lüftchen zu spüren, aber der Aufstieg brachte mich trotzdem ordentlich ins Schwitzen.

Außerhalb des Waldes wurde dann die Straße verlassen und nun führte ein netter Waldweg über den nächsten Hügel. Die Hügel sollten heute bereits jenseits von 800 bzw. 900 Metern über Normalnull liegen.

Ich war heute besser unterwegs und erst nach 2,5 Stunden ließ ich mich im Schatten eines einsamen Lost Places nieder, um eine erste Pause einzulegen.
Während ich so da saß kam mal ein einsamer Hund vorbei, der sehr freundlich aber sich wohl im Mist gesuhlt hatte - da war nix mit Kraulen oder Ähnlichem - er ging dann eben alleine weiter Gassi.


Dann folgten wieder längere Straßenabschnitte eine Art Höhenzug entlang bis schließlich die Südautobahn (A2) in einem Einschnitt überquert werden mußte (da gab es heute ja wohl einen schrecklichen Unfall mit einem Bus und jede Menge Kindern ...). Im Anschluß galt es die verlorenen Höhenmeter wieder schweißtreibend herein zu arbeiten.


Es ging die ganze Zeit auf Mönichkirchen zu, zog sich aber. Die Füsse machten auch immer mal wieder Probleme, aber man kann auch recht flott humpeln ;-)

Am Ortsrand von Mönichkirchen galt es dann letztlich zu entscheiden, ob ich gleich hier im Ort übernachte oder die Etappe noch bis hoch zum Hallerhaus weitergehen sollte.

Ich war bereits ziemlich ausgepowert, insbesondere auch weil es heute zwar ein paar Grad kühler, ab und an leicht bewölkt und teilweise sogar mit leichtem Wind garniert war, aber eben immer noch so heiß, daß ich mittags nicht richtig etwas runter bekommen habe.

Wirt und Gäste hatten gestern über meine weitere Etappe philosophiert, einerseits konnten sie zwar Mönichkirchen nichts abgewinnen, andererseits empfahlen sie mir aber trotzdem, dort zu bleiben und nicht verlängerte Etappe daraus zu machen. Das hätte aber einige Konsequenzen für die potentiellen Folgetage und außerdem wollte ich eigentlich schon endlich mal auf einer Berghütte übernachten.

Heute ist Samstag und ich hatte mir alle Optionen offen gehalten und auch nichts reserviert.

Bereits im Abstieg hatte ich sogar mit Sessellift-Fahren geplant, aber irgendwie war der Internet-Auftritt nicht so richtig informativ, um zusammen mit meinen Karten zu interpretieren, welche der Bahnen nun im Sommer genau fährt. Nur lange genug wären sie auf alle Fälle gefahren (17:30).

Ein Stück Traubenzucker löste das Energieproblem und irgendwie waren nach der Durchquerung des Ortes und dem Abbiegen auf die Downhill-Spur des Sommerbetriebs mit Rollern und speziellen Dreirädern auch die Füße ruhig. Nur Schweißtreibend waren die 200 Aufstiegshöhenmeter auf der Piste bis zur Mönichkirchner Schwaig - dem Paßübergang auf 1.174 m ins Nachbartal. Eine richtige Skischaukel haben die da - ja Wahnsinn, ob es wohl auch immer ausreichend Schnee gibt ?

Am Übergang waren einige Gasthöfe und ich gönne mir erstmal einen Johannisbeer mit Leitung zur Stärkung für den Schlußanstieg zum Hallerhaus, denn die 200 Hm konnte ich jetzt auch noch gut gehen - auch wenn die Pisten jetzt deutlich steiler werden sollten.

Kurz war ich mir mit mir selbst nicht ganz im reinen, ob das die beste Entscheidung ist, da ich ja keinen Schlafplatz reserviert hatte, dunkle Wolken am Himmel aufgezogen waren und ich auch nicht wußte, wie die Ausstattung der ÖAV-Hütte wohl ist (Dusche, ...). Von der letzten größeren Tour in 2014 (Project-82.blogspot.de) bin ich von den Italienischen Hütten im Piemont ja schließlich noch mit Duschen, WLAN und tollem Essen verwöhnt.

Egal. Ich gehe weiter.

Als ich mich und meinen Hinkelstein am Buckel gerade das steilste Stück (mindestens rote Piste) hinauf wuchte, kommt mir ein Mann entgegen gesprungen.
35 km ist er heute bereits unterwegs, aber wie er gleich anmerkt, auch mit SEHR kleinem/leichten Gepäck. So schlecht kann es mir nicht gehen, denn seinen Kommentar, ich habe es jetzt nicht mehr weit, kann ich umgehend kontern:
Ja, bis Feldkirch sind es jetzt nur noch 925 km :-)
Ich bedanke mich dann aber schon noch ganz ordentlich für seine aufmunternden und motivierenden Worte, bevor wir uns verabschieden.

Wirklich komme ich ein paar Minuten später am Hallerhaus auf 1.350 Metern an. Dies ist relativ groß, augenscheinlich mehrfach erweitert worden und hat eine wie ich finde ungewöhnliche Lage: Es ist von drei Seiten von Wald umgeben, steht augenscheinlich höher als die Lift-Bergstation - aber evtl. kommt man im Winter über einen Ziehweg durch den Wald von einer noch höheren Station hier vorbei, denn die Hütte hat ganzjährig geöffnet. Nur halt freitags nie.

Was soll ich sagen ?
Ich komme mir vor, wie im Frühsommer 2014: Ich bin mal wieder der einzige Gast über Nacht und bekomme ein nettes 4er-Zimmer unter dem Dach für mich. Die beiden Stockwerke geben nochmal ordentlich Zusatzhöhenmeter. Teile der Hütte sind richtig urig und beispielsweise an folgendem Schild hätte mein Großvater, der mich als Kind in die Berge (Zillertal) gebracht hat, auch wenn er nie auf einer dieser Hütten übernachtet hat, seine helle Freude gehabt:


Leider wollte er meinen München-Venedig-Bildervortrag (mein erster beim Coburger DAV) nicht sehen und die folgenden (aus dieser Tour wird wohl Nummer 5) konnte er dann nicht mehr erleben ...

Eine Dusche und WLAN gibt es hier auch und der Hagel, der Starkregen und die Blitze beginnen in genau dieser Reihenfolge auch erst eine Stunden nach meiner Ankunft.


Das Essen nehme ich somit doch lieber im Haus :-)

Bliebe nur noch die Sache mit dem Dreitausender.
Nun, ganz einfach:
Erstmals über 1.000 Aufstiegsmeter am Tag.
Erstmals über 1.000 Meter Seehöhe gekommen.
Erstmals über 1.000 Meter Seehöhe schlafen.

Summa summarum: Drei Tausender

Und warum das jetzt alles so lange gedauert hat ?




Begegnungen:
1 herrenloser Hund
1 Reh
Burgenländer Ehepaar (sie Hamburgerin, er 40 Jahre dort gewohnt), die mit der Rente ins Burgenland gezogen sind
Der 35km-Sportler

Freitag, 23. Juni 2017

Tag 08: Zur Lage der Nation

Auf dem Weg zum Gästehaus, etwas unterhalb des Gasthauses, wo sich mein Zimmer befindet, bot der Chef bereits an, mich notfalls zum Essen wieder hoch zutragen, falls ich es nicht mehr aus eigener Kraft den Berg hoch bis auf die Terrasse schaffen sollte.

Kurios die Geschichte, die er mir auf dem Weg erzählte und die wie sich herausstellte, noch nicht mal seine Frau kannte: Vor vielen Jahren hat er im Winter einen stark angetrunkenen Gast die glatte Einfahrt zur Sicherheit hinab begleitet. Allerdings rutschte er selbst dann mit seinen Halbschuhen aus und der 150kg-Schrank fing ihn auf, packe ihn unter den Arm und trug ihn quasi sicher nach unten.

Nun, DIESES Angebot mußte ich denn doch nicht in Anspruch nehmen, denn nachdem ich das Hauptproblem, die Stiefel von den lädierten Füßen zu bekommen, gelöst und eine ausgiebige Dusche in meiner richtig netten Unterkunft genossen hatte (von dem Liter Johannisbeer/Leitung nicht zu reden), waren die Lebensgeister bereits wieder zurück gekehrt.


Da das Hallerhaus allerdings freitags Ruhetag hat und vor allen Dingen meine Füße gerade in einem desolaten Zustand sind, entschied ich mich am Abend auf ein anderes Angebot vom Meister einzugehen: Nämlich einen Tag hier zu verweilen.
Auch wenn er da etwas vorschnell war und sich erst noch bei der Chefin (die auch hier das Sagen hat) vergewissern mußte, daß mein Zimmer noch eine weitere Nacht frei ist.


Mit meiner aktuellen Urinprobe am Vorabend hätten mich die Guides anderswo sowieso aus dem Verkehr gezogen. Nein, nicht wegen Doping, sondern weil trotz 6,5 Litern Trinken, die Farbe besorgniserregend war.

Abgesehen von den Füßen sind die üblichen Effekte in altbewährter Natur nach einer Woche und knapp 160 km eingetreten:
1. Rückenschmerzen vom schweren Rucksack nur am ersten Tag (da hatte ich diesmal nicht mal Salbe mit)
2. Ausschlag auf der Schulter schmerzfrei nach 5 Tagen und Behandlung mit Hydrocort-Salbe passé
3. Wunde Stellen so gut wie abgeheilt
4. Knie trotz viel Asphalt mittlerweile ohne Befund
5. Kondition/Allgemeine Verfassung mittlerweile im akzeptablen Bereich

Nur die Sache mit den Füßen heißt es jetzt vordringlich in den Griff zu bekommen ...

Tag 07: (Alp-)Träume werden wahr

Nachdem es am Vortag ja mit der Übernachtung in Hochwolkersdorf, quasi dem Geburtsort der 2. Österreichischen Republik (hier hatten die Sowjets ihre Kommandozentrale für den Vorstoß auf Wien und verhandelten mit österreichischen Militärs und Widerstandskämpfern über die Übergabe der Stadt und die Folgen), nichts wurde, hatte ich ja mit der Übernachtung im Tal, in Schwarzenbach, etliches an Höhe verloren, die es heute erst wieder zu erklimmen galt.
Den Nachbau des großen Keltenturms hatte ich nur aus der Ferne auf dem Hügel zu sehen bekommen und das 20. jährliche Keltenfestival würde erst am Wochenende beginnen, dann kommen bis zu 10.000 Gäste in die 300-Seelen-Gemeinde mit ihren 4 Gasthäusern.
Zwei der vier Lokalitäten hatte ich mit Unterkunft und Abendessen (Unterkunft hatte nämlich Ruhetag) gesehen und irgendwie wirkte das alles ein wenig marode und teilweise renovierungsbedüftig, aber riesige Saalbauten haben die hier überall, das war mir schon die Tage aufgefallen - von wegen Platz ist in der kleinsten Hütte.

Ich hatte quasi direkt zwischen den Routen 02a und 02 übernachtet und machte mich nun auf einem selbst heraus gesuchten Weg gen Westen den Berg hoch, um dort in Wiesmath wieder auf den 02a zu stoßen. Die Wege in den 24 Stunden abseits des 02a sollten die schönsten der letzten Tage gewesen sein.


Von Wiesmath ging es nämlich Straßen entlang bis nach Hollenthon, wo ich Mittag machte und einem Bauarbeiter bei der einsamen Arbeit vor dem Einkaufsmarkt in der Mittagspause zu sehen konnte.


Nach dem Ort sollte es dann ins Grüne gehen. Wobei so viel Grün - und vor allen Dingen brennend und hakend - hätte ich gar nicht gebraucht. Nennen wird das Stück steil bergab in Richtung Fahrnermühle mal einfach Grüne Hölle 1. Eine besondere Herausforderung war dabei eine Limbo-Einlage bei der ich unter einem diagonal quer liegenden Baumstamm auf dem Rücken zu liegen kam und mich wie eine umgedrehte Schildkröte fühlte: Wie um alles in der Welt wieder hochkommen, wenn die Stöcke weit weg und ein Abstützen in den Brennnesseln auch kein gute Option erscheint ?
In einer wahren Kraftanstrengung komme ich samt Rucksack irgendwie wieder hoch, um kurz danach an einem Weidezaun zu stehen. Bisher war zumindest die Markierung gut, aber wie nun weiter ?
Der Elektrozaun hatte an der Stelle Vorrichtung zum Öffnen. In der Theorie. Tiere waren keine zu sehen. Ich schaffte es zwar nicht, den Zaun zu öffnen - das ganze wackelig dynamische System gab an allen Ecken und Enden nach - aber letztlich stand ich auf der anderen Seite. Nun erneut die Frage, wie weiter ?
Laut GPS gen Westen, aber dort sah ich keine Markierung und kein Gatter, um wieder aus der Weide heraus zu kommen, also ging ich nach Süden, wo ein Viehweg hinab zu den Häusern zu führen schien. Auf dem schmalen Weg relativ frische Hinterlassenschaften. Oh, na hoffentlich kommt mir jetzt keine Kuhherde entgegen, den Platz zum Ausweichen gäbe es keinen.
Ich endete im Vorhof des Viehstalls. Eingezäunt. Kein Tor ließ sich öffnen und gerade als ich anfangen wollte, irgendwie den Versuch zu starten, den 2m-Zaun zu übersteigen, war die Ruhe zu Ende.
Stiere brachen aus dem Stall hervor. Gott sei Dank waren die vor mir noch mehr in Panik als ich umgekehrt, aber glaub es mir, ich war trotzdem SEHR schnell über dem Zaun.

Puh, das war knapp und ich glaube das Gröbste überstanden. An einem Stadel ein paar Meter weiter, war wieder eines dieser stark ausgeblichenen, für Blinde wahrscheinlich per Tasten fast besser lesbaren Metalltafeln des Zentralalpenwegs 02a. Ich folgte also grob dem Pfeil auf einem Schottersträßchen, allerdings realisierte ich einige Höhenmeter oberhalb, daß dies wohl nur eine Zufahrt zu einem Privatgrundstück ist. Der eigentliche Weg sollte zwar nur einige Meter von mir entfernt sein, aber einfach durchs Gebüsch wollte ich auch nicht, vor allen Dingen weil es mich wurmte, wie ich den Weg an der Straße verpaßt haben konnte. Also zurück. Von einem Weg aber zurück bis zur Straße nix zu sehen. Also auf die harte Tour: Per GPS Meter für Meter angenähert und plötzlich erkannte ich einen schmalen Pfad durch das Brennnessel-Grün, der über eine Fußgängerbrücke auf Wiese führte und von dort steil bergauf durch die Grüne Hölle 2. An der Stelle, wo ich umgekehrt war, kam ich dann - noch geraumer verlorener Zeit - wieder vorbei. Wäre ich doch mal durchs Gebüsch gebrochen ...
Der Weg ist wohl mal ein Forstweg gewesen. Früher. Vor Jahrzehnten.
Ich schlängle mich immer wieder um Brennnesseln und Dornen und freue mich schon, als er auf eine intakte Forststraße mündet, allerdings zu früh gefreut, bei nächster Gelegenheit geht es scharf rechts weg, auf einen Weg der bekannten Kategorie.
Immerhin ein paar nette Kröten, unterschiedlichsten Kalibers - von ganz klein bis riesig, fett und größer als mein Handteller treffe ich an.

Als ich völlig verschwitzt zu einer weiteren Pause im Schatten eines Kapellchens vor Obereck auf 708 Metern sitze, muß ich wenigstens nicht mehr ganz so viele Bremsen in der Größe von halben Hornissen abwehren, wie zuvor noch im Wald.
So lange Du in Bewegung bleibst, kein Problem.
Wenn der Schweiß mal getrocknet ist, kein Problem.
In der prallen Sonne und/oder starkem Wind, auch kein Problem.
Aber, aber, alles andere ...
Immerhin erkenne ich bei der Gelegenheit auch, für was man die Heftchen der ÖAV für die Weitwanderwege noch SEHR gut zweckentfremden kann ;-)


Nun geht es in die Straße hinab ins Tal nach Thal und obwohl ich heute wieder 3 Liter Wasser mitgenommen habe, ist nicht mehr all zu viel nach den 2,5 Hügel der Buckligen Welt für heute übrig. Aus Thal geht es durch einen Hof hindurch in Richtung des letzten 700er Hügels für heute, den es zu Überschreiten gilt.

Allerdings ist vom Weideweg laut Karte gar nichts zu sehen, ich gehe quer über eine Wiese bergauf, denn immerhin ist am Strommast eine Markierung zu sehen. So weit, so gut.
Dann ist nichts mehr zu sehen. Außer einem Baum-Busch-Dickicht-Bestand, der sich in Form eines Viertelkreises um mich erstreckt und ideenlos zurückläßt, wo und wie da ein Durchkommen sein könnte. Kein lichter Fleck, wo mal der Bauernfahrweg hätte gewesen sein können, keine Markierung ist zu sehen. Das sah nach sicherer Sackgasse aus.
Also erstmal auf gleicher Höhe die Wiese entlang gegangen, um das Ganze evtl. links zu umgehen, aber dort war Wiese/Feld nicht gemäht und ein Durchkommen noch viel unmöglicher.

Was nun ?

Die Grüne Hölle 3 hat mich letztlich kapitulieren lassen.
Ich gehe die mühsam gewonnen Höhenmeter über die Wiese zur Straße und bin nun kaum 50 Meter weiter im Vergleich zu der Stelle, wo ich vor ca. 30 Minuten abgebogen war.

Auf der Straßenbrücke am Bach sacke ich erstmal erschöpft, den Rucksack gegen das Geländer gelehnt zusammen. Jetzt ist guter Rat teuer und mein Wasser ist auch fast aufgebraucht.

Ein Blick ins Kartenmaterial offenbart: Entweder direkt die Straße nach Süden, wo ich in Gehring auf den 02er treffen würde, der dann noch einige Kilometer Straße bis nach Tiefenbach, meinem heutigen Ziel führen sollte, oder an einer Abzweigung im Wald abbiegen und beim Hof Judenbauer wieder auf 02a treffen. Aber auch alles Straße/Fahrweg.

Nach einem Traubenzucker und einem kleinen Schluck rationierten Wassers bin ich bereit, die letzten ca. 6 Kilometer in Angriff zu nehmen. Ich entscheide mich für die sichere Variante: Die Straße den Berg hoch nach Gehring. Kurz bevor es aus dem Wald wieder in die Sonne geht und der Anstieg bewältigt ist, sehe ich auf der anderen Seite ein Häuschen, was vermutlich irgendwas mit (Ab-)Wasserwirtschaft zu tun hat.

Nun, wenn ich mir JETZT etwas wünschen dürfte ...
Dann einen dieser Wasserhähne außen am Haus, die üblicherweise im Sommer unter Druck stehen.

The Trail provides. Dem Herrgott sei es gedankt.

WASSER !

Ich lasse erst ein wenig laufen, erfrische mich, trinke ausgiebig und fülle dann meine Flasche auf, die nur noch einen kümmerlichen Rest an Wasser enthalten hatte.

Durch Gehring geht es hinauf nach Straß.

Die Sonne steht schon recht tief und ein älterer Herr hält mit dem Auto an und fragt, ob er mich mitnehmen kann. Ich sehe wohl alles andere als gut aus. Wir kommen ins Gespräch, aber letztlich lehne ich ab. Die verbliebenen Kilometer werde ich schon noch irgendwie schaffen. Ich muß aber zugeben, daß ich es, wie Martina gerade auf Ihrem Weg gen Westen, evtl. beim diesjährigen Sommerausflug unter den gegebenen Umständen etwas pragmatischer handhaben werde, als man es sonst bei meinem "by fair means"-Ansatz gewohnt ist ..

An einem Lost Place auf der Höhe eine letzte Pause und Stärkung und dann geht es über die letzten paar Aufstiegsmeter in den langen Abstieg auf der Straße nach Tiefenbach, östlich von Krumbach in Niederösterreich.

Über Booking.com hatte ich bereits am Vortag beim Gasthof Buchegger reserviert und nach gut 10 Stunden und knapp 27 Kilometer komme ich reichlich kaputt am Ziel an.

Die Begrüßung durch den Chef ist herzlich und per Handschlag - er läßt sich nicht davon abbringen, obwohl ich ihn auf meine völlig durchschwitzten Handschuhe deutlich hinweise.

Ihr kennt das bestimmt auch: Manchmal kommt man wo an und fühlt sich sofort wohl, obschon man noch niemals zuvor dort war.


Der Gasthof Buchegger in Tiefenbach ist für mich einer dieser Orte.
Der 4-Seit-Hof, die urige Wirtschaft, die Leute - vom Essen ganz zu schweigen ...


Begegnungen:
1 kleine Kröte
1 dicke, fette Kröte
Der 70-jährige Herr, der mich mitnehmen will
Der Wirt im Gasthaus Buchegger

Mittwoch, 21. Juni 2017

Tag 06: Junge, Feldkirch ist in Vorarlberg

Eine Stunde früher geht es Dank des früh möglichen Frühstücks im Hotel in Mattersburg auf den Weg. Drei Liter Wasser schleppe ich heute beim Start.

Gen Süden geht es aus der Stadt und gleich mal ordentlich den Berg hoch, interessant, was hier alles an Autos auf den Flurbereinigungsweg fahren, wo man eigentlich nur von 01.-24.12. zum Christbaumkauf fahren darf - nun, SOOOOO lange bin ich doch noch gar nicht unterwegs und ich meine Heiligabend mit 20 Grad (plus) ist ja in unseren Breiten zu Hause keine Seltenheit mehr und wir sind hier deutlich südlicher ...
Letztlich stellt sich ein Kastenwagen als Transportmittel für ca. 6 Hunde zum Gassi-Gehen heraus. Keine Ahnung, warum man dazu gesperrte Straße erst fahren mußte - ich fürchte allerdings, daß mir auch mitlesende Hundebesitzer da keine abschließende und zufriedenstellende Antwort geben können. Erwähnt ich schon, daß ich schwer zufrieden zu stellen bin ... ?

Nach kurzer Zeit erreiche ich die Hubertuskapelle, wo ich den Schatten zu einer Pause nutze.


Großzügig belege ich beide vorhandenen Bänke mit mir und meinen Sachen zum trocknen. Als ein paar Jugendliche kommen, räume ich mich etwas zusammen und nach und nach trudeln immer mehr ein. Samt Begleit-Personal. Aha, Wandertag. Wie ich erfahre laufen sie zu einem Badesee und nach der Erfrischung irgendwann wieder zurück.
Die Erwachsenen fragen mich ordentlich aus, die Mittelstufler sind aber wohl teilweise geographisch überfragt. Ich hoffe nicht, daß es der Erdkunde-Lehrer war, der sich zum Spruch - Junge, Feldkirch ist in Vorarlberg - genötigt sah ;-)

Durch die Felder geht es an den Rand eines Ortes, der aber gar nicht betreten wird, sondern es geht super markiert unter der Burgenland-Schnellstraße hindurch in den Wald.


Über wunderschöne alte Forstwege wandere ich eine gute Weile bis ich denn doch wieder auf Forstautobahnen weitergehen muß, die nicht mehr ganz im Schatten liegen.


Eigentlich sollte das heutige Ziel Hochwolkersdorf am 02a-Weg sein, allerdings sind dort wohl keine Zimmer mehr frei. Die Dame von der Gemeinde rät mir, es doch im Nachbarort Schwarzenbach zu probieren. Weil ich zu Fuß ja nicht einfach mal riesige Umwege machen kann, prüfe ich die Lage erstmal auf der Karte. Der Ort liegt zwischen 02 und 02a im Tal und ist OK. Die Dame dort in der Gästeinformation äußert sich zwar erst recht ungläubig wegen meiner Anfrage, aber Gott sei Dank fragt sie doch noch mal nach, für wann und wie lange ich überhaupt Zimmer suche. Ja, HEUTE ist gar kein Problem, aber am Wochenende ist das Kelten-Festival, da ist in der Gegend alles ausgebucht.

Die Unterkunft hat heute zwar eigentlich Ruhetag, aber Übernachten geht.

OK, nach einem Blick auf der Karte zweige ich nicht der Markierung folgend nach Forchtenstein ab und verliere die mühsam gewonnene Höhe, sondern überschreite das Rosalie-Gebirge stattdessen direkt nach Süden. Bis auf nahezu 700 Meter schraube ich mich hoch. Ich bin jetzt in der sog. Buckligen Welt - kein Scherz - und der Name ist wohl Programm. Ich bin außerdem drauf und dran das Burgenland wieder nach Niederösterreich zu verlassen. NÖ, da war doch was: Ja, im größten Flächenland Österreichs und dem nach Wien bevölkerungsstärksten, war ich ja in Hainburg gestartet und nach gut 100 Kilometern durch das Burgenland soll ich dies heute verlassen.

Ich werde es als heiße Gegend für Wein-trinkende Radfahrer, die sich den Alpen verweigern wollen, in Erinnerung behalten. Warum fährt die Regierung eigentlich nach Madagaskar ? ;-)

Eine längere Mittagspause mache ich im Schatten einer Kapelle in der Nähe des Schwarzkogels, wo mein Weg nun auf die 02-Originalroute stößt.
Zwischenzeitlich kommt mal ein Jogger, Baujahr 59 vorbei, um die Kerze in der Kapelle zu prüfen und wir kommen ins Gespräch. Er joggt bei Wind und Wetter, allen Temperaturen, aber nur im Wald und eigentlich immer Halbmarathon-Distanz.
Puh, welch Disziplin, welch Eifer, welch Lebenseinstellung.
Bewundernswert, aber nix für mich :-)
Wir wünschen uns gegenseitig alles Gute und der nette Herr bestätigt mir auch meine Routenwahl hinab nach Schwarzenbach.

Ein ganzes Stück geht es noch schön durch den Wald, dann muß ich aber scharf abbiegen und komme auf dem Weg ins Tal schon bald wieder in die Sonne. Teilweise auf Teerstraßen an verstreuten Gehöften vorbei, teilweise eine Hohlgasse durch den Wald geht es recht steil hinab. Vor dem Abzweig zwischen ersteren und letzterem dann das dritte Kapellchen für heute. Das ist so klein, daß ich Mühe habe, Schatten zu finden - aber, wo ein Wille, da ein Weg, auch wenn die Sitzposition recht hart und unbequem ist ;-)

Am Ende des Abends werde ich heute wohl 6 Liter seit dem Frühstück getrunken haben. Das sind Werte jenseits des Solls auf 5.000 Meter am Kilimanjaro.


Begegnungen:
Schulklasse und Lehrkörper (in großer Zahl)
Schwarz-Storch im Überflug
Ein paar Libellen
Der Jogger
 2 Weißstörche

Dienstag, 20. Juni 2017

Tag 05: 37° und das Huschen von Schatten zu Schatten

Heute schon um 7:00 Uhr gefrühstückt und gut eine Stunde früher losgekommen. Ordentlich warm ist es trotzdem bereits. Immerhin kühlt es nachts noch ordentlich ab, so daß das Schlafen bei offenem Fenster sehr erholsam war.

Statt wie bisher täglich 2 Liter Wasser mit auf den Weg zu nehmen, habe ich auf 2,5 Liter aufgestockt (maximal kann ich 3x1 Liter mitnehmen - aber es muß halt erst mal getragen werden ...). Das Frühstück war reichlich und mit frischem Schwung erreiche ich schnell den Nachbarort Zagersdorf. Dort geht es dann steil bergan und Weinberge säumen wieder die Straße.

Plötzlich rennt von links nach rechts direkt vor meinen Füßen ein Fasanen-Männchen über den Weg. Ich bin wie vom Donner gerührt: Ich habe die  Kerle noch nie rennen sehen (die Beine bewegen sich so schnell, daß mein Auge ähnlich reagiert wie bei Propellern, deren Drehung man ja auch ab einer gewissen Geschwindigkeit nicht mehr erkennen kann), sondern immer nur laut schimpfend davon fliegen.
Es kommt mir vor, wie eine dieser Szenen aus Roadrunner und ich bin dann wohl der böse Kojote, der gerade schweißtreibend einen Hinkelstein für den nächsten Anschlag auf den Berg schleppt und der gut gelaunte - miep, miep - saust mir quer vorbei über die Füße ... *lol*

Schon bald habe ich gute Ausrede, in den Schatten einer Kapelle zu flüchten: Das GPS braucht frische Akkus (apropos: die muß ich dann gleich noch ins Ladegerät stecken ...) und auch ich mache gleich mal eine Pause, die auch gleich genutzt wird, Zimmer für heute zu buchen. Momentan buche ich immer erst vormittags für den aktuellen Tag.


Es soll heute bis Mattersburg gehen, ich verzichte also auf ca. 9 Kilometer der aktuellen Etappe, um aus den 62 km von zwei Etappen, stattdessen drei Etappen mit je um die 20 zu gehen: Das paßt mir momentan - gerade auch in Anbetracht der Hitze besser, An den letzten beiden Tagen hatte ich schon nicht verstanden, warum der Wanderführer so asymmetrisch geteilt hatte - aber etwas Potential zum Feilen ist ja auch ganz nett ;-)

Zurück zur Reservierung: Die Tage war Mattersburg angeblich ausgebucht, nun zeigt Booking.com Hotelzimmer für 112,- EUR. Nein, danke.
Ich erinnere mich an meine Erfahrung aus 2014 im Pustertal: Immer die verschiedenen Portale prüfen, denn oft werden die Einzelzimmer nicht richtig angezeigt, sondern der volle Doppelzimmerpreis (evtl. steuern das die Hoteliers aber auch gezielt). Also flugs HRS-App geöffnet und prompt wird das gleiche Zimmer um 56,- EUR angezeigt. Gebongt. Geht doch.

Ein Weilchen geht es noch bergauf, dann prüfe ich auf Basis der Warnschilder am Weg noch schnell, ob die Windkraftanlagen auch keine Eisbrocken abwerfen. Ergebnis: Bewegen sich nicht. Können also nix abwerfen.
Und schon geht es wieder die mühsam erarbeiteten Höhenmeter den Berg hinab, erst auf einem Weinbergweg, dann über eine Wiese. Gott sei Dank, unlängst gemäht, Markierungen Fehlanzeige, GPS-Karte eindeutig.

Ein Feldweg führt dann kurz vor dem nächsten Ort wieder zu einem Rad-Rastplatz. Echt nett, mit diesen Sonnensegeln. Ich trockne mich erstmal im Schatten. Nach einer Weile geht es durch den Ort und über einen Hügel.
Immer wieder sehe ich nichts mehr, mangels Scheibenwischern: Der Schweiß rinnt mir nur so in die Augen. Ich brauche momentan mehr Taschentücher dafür als für andere Zwecke. Da die Tagesration nur ca. 3 Stück beträgt, ist es ganz angenehm, daß die Schweißtücher auch schnell wieder trocknen.

Ich finde in einer Art Parkanlage ein ehemaliges Kloster. Traumhaft gelegen.
Die Wiese ist in der Sonne und erlaubt Hut, Handschuhe, Hemd & Co zum Trocknen auszulegen, während ich Mittag im Schatten der WINTERlinde mache, mit Bank und Rückenlehne. Hier läßt es sich aushalten.


Irgendwann muß ich aber denn doch mal weiter. Am Waldrand hole ich ein älteres Ehepaar mit Lara, einer 5,5-jährigen hübschen Hündin (das weiß sie wohl auch genau - sagen die Besitzer), ein. Wir unterhalten uns ein wenig und ich bekomme noch einen Gruß an den Hotelchef mit, da er und der Herr aus dem gleichen kleinen Ort stammen.

Ein Rehbock im Getreidefeld verrät sich wie bereits einige seiner weiblichen Artgenossinnen in den letzten Tagen: Wenn man die Stelle gerade passiert hat, wo sie unsichtbar im Feld verborgen stehen, hört man plötzlich ein Geräusch, wie wenn der Wind über ein Getreidefeld streicht. Im Unterschied zum Wind, wird man aber spätestens beim dritten Rauschen misstrauisch und schaut, denn es ist für Wind einfach zu rhythmisch. Der Rehbock sieht wirklich lustig aus, wie er in weitem Halbkreis durch das Feld springt, um am Ende VOR (wäre er stehen geblieben oder einfach hinter mir vorbei geschlichen - niemand hätte es überhaupt bemerkt) mir den Weg zu queren und im Wald zu verschwinden: Er hat durch das Eintauchen und Rausspringen mit seinen Hörnchen jede Menge Getreideähren abgeerntet, die nun seinen Kopf garnieren ;-)

Die Wegbeschreibung der beiden kann ich nicht ganz nachvollziehen, den Wanderführer auch nicht, aber es ist vor Ort einfach eindeutig: Der Waldweg endet an - nein - in einem Rapsfeld. Alternativlos. Ausweglos.
Das GPS ist sich auch sicher, daß wie überall beschrieben sich hier sogar 3 Fernwanderwege treffen und ca. 200 Meter nach Norden führen. Durchs Rapsfeld ?
Durchs Rapsfeld !
Es gibt einen angedeuteten Pfad, wo bereits Pflanzen umgedrehten sind. Für eine Tierspur ist es eigentlich zu ausgeprägt, da der Raps ja doch ca. 1 Meter hoch und recht widerstandsfähig ist. Also los ...

Es sticht und hakt und hängt und beißt aber ich kämpfe mich irgendwie durch. Am Ende drohen noch Brennnesseln, aber führt eine ca. 1 Meter breite Spur hindurch. Definitiv von Menschen gemacht. Mysteriös.

Das Ergebnis zählt: Die Forststraße ist erreicht und nun geht es weiter gen Westen und wieder bergauf durch den Wald. Leider steht die Sonne im Westen und der Wald ist meist nicht dicht genug. Ich tropfe schon wieder wie ein Kieslaster.

Als der Wald mich auf dem 02er-Alternativ-Weg oberhalb von Walbersdorf ausspukt, ist wieder eine Trocken- (und Entspannungs-) Pause angesagt.


In Ermangelung einer Bank oder Ähnlichem muß der Grenzstein als Sitz dienen und die sind hier wirklich nobel. Nur Rückenlehnen haben sie natürlich keine.
Die Wiese und die vom Himmel herunter blitzende Sonne trocknen immerhin ratz-fatz Hut und Klamotten, während ich mir die Wasservorräte für den verbleibenden Weg einteile.
Am Rohrbacher Kogel bin ich wohl gerade. Die ausgedörrten Wiesen sprechen eine andere Sprache als die von Bächen oder Rohren und auch beim Blick auf die hier jetzt plötzlich zu Hauf anzutreffenden Schilder, Wegweiser und Markierungen (vermutlich anderes Zuständigkeitsgebiet) zweifle ich mal wieder am Verstand unserer Nachbarn aus der Alpenrepublik: Ich durchstoße jetzt nämlich eine Variante des NORD-Alpen-Weges gen NORDEN mit meiner Zentralalpenweg-Variante.


Verstehe einer die Österreicher ;-)

Den Berg hinab und nur noch ein paar Kilometer ...


Am Hotel angekommen, verdunstet 1 Liter Johannisbeer/Leitung noch während ich den Gästeschein ausfülle. Puh, geschafft.


Begegnungen:
2x Fasanenmännchen
Rehbock
Lara und Besitzer
Kellner im Hotel, der schon im Kanada im Schnee und in Kasachstan (über 4.200m) auf der Jagd mit Guide und Zelt war

Tag 04: Ohne Schweiß, kein Preis

Von dem netten Weinlokal nach einem umfangreichen Frühstück, u.a. mit frischen Kirschen, ging es gut gestärkt los. Kleine Unschönheit: Wie gestern war Frühstück erst ab 8:00 Uhr möglich, so daß es wieder recht spät wurde, bis ich fertig war.

Zuerst galt es heute die gestern noch offen gelassenen 5 Kilometer nach Süden bis nach Rust zu gehen. Nein, nicht das mit dem Europapark. Rust im Burgenland war sowohl der Wienerin auf Monaco-Reise ein Begriff und auch die Mutter von Fräulein A. war sofort im Bilde, von was ich sprach - die Weinkenner halt. Der Tipp für ein Lokal vor Ort kam dann Gott sei Dank sowohl zu spät (bis ich die Nachricht las), als auch zu früh (nach fünf Kilometern kann man ja nicht schon wieder einkehren) - ja, und auch mit TraubenSAFT kann man mich jagen.

Ok, ok, vielleicht sollte ich ja gerade etwas gejagt werden, bin ich doch auf recht kurzen Etappen zwar im Schritt ganz gut unterwegs, allerdings brauche ich ob der Hitze unwahrscheinlich viele Pausen.

Bis Rust ging es einen netten Wiesenweg, wo mir ein Weinbauer für den kommenden Tag aber gleich noch mit 37° drohte.

Nach Rust dann erstmal das alte Bild: Asphaltierter Radweg, aber deswegen immer mal wieder mit Bänken im Schatten - hat also alles sein Gutes.
Endlich konnte ich auch mal den See sehen, also so mit Wasser und so.


Die 02er-Markierungen in diesem Bereich südlich von Rust und dann gen Westen sind eine reine Katastrophe: Nicht existent oder nur noch Reste oder vermutlich knapp 40 Jahre alt (Gert, Martin, vielleicht könntet Ihr da mal den Verantwortlichen auf die Füße steigen ? - wäre ja eine Schande zum 40-jährigen ...).


Ohne GPS wäre ich wohl die weiteren 1,5 km bis zur ungarischen Grenze weiter gelaufen, so bog ich im richtigen Moment 90° von Süd nach West ab und es ging den Berg hoch. Die erste Überschreitung der Tour stand an. Nachdem ich den Sattel auf ca.  210 Metern über dem Meer (hier ist ja noch die interessante Frage: bezogen auf welches Meer ?) überschritten habe, geht es auf einem Erdweg durch Wald. Im Schatten. Leicht bergab. Erholung pur !

Es dauert leider nicht lange, und ich habe den Wald bereits durchquert, nun geht es für lange Zeit über freie Fläche auf Schotterwegen zwischen den Feldern durch. Keine Prise Wind. Die Luft steht. Ich mache mir langsam sorgen, um meinen Wasser-Vorrat.

Auf dem Weg nach Wien oder zurück von Südtirol hatte ich noch jede Menge Berichte im Radio gehört, daß die (christlichen) Kirchen nur noch ein Schatten Ihrer selbst seien und immer kleiner werden.
Was soll ich dazu sagen ?
Eines kann ich Euch dazu seit heute gewiß sagen: Das kann auch Segen stiften !

Am Horizont ein kleines Wäldchen mit bereits aus der Ferne sichtbaren Giebeln und beim Näherkommen entpuppt sich eines der Gebäude - etwas abseits und direkt am Weg - als kleine Kirche, zuweilen auch Kapelle genannt. Und auch der Schatten einer Kapelle - ich sage es Euch - spendet genug Schatten, um dort im Zeichen des Kreuzes eine lebensrettende Pause zu machen :-)


Frisch gestärkt sollte es weitergehen, aber wohin ?
Auf dem GPS war eine Lücke von ca. 500m im TK-DACH-Wanderwege-Overlay (ich hatte bereits 2014 zufällig darüber gestolpert, festgestellt, daß das an sich einfach nur genial ist). Im richtigen Leben wies ein Schild auf Privatgrund hin. Keine Alternative weit und breit.

Nun, vom Weg nach Venedig kannte ich solche Schilder von Kieswerken an der Piave, die wir geflissentlich ignorierten (und an Hand der Spuren, damit zur Mehrheit der Menschheit gehörten) - aber dort hätten wir im Zweifelsfall noch darauf verweisen können, daß wir einfach kein Italienisch können, hier waren die Schilder auf Deutsch.
Da der große Rucksack in der Regel den 4-Tage-Bart und die sonstige Landstreichererscheinung MEHR als egalisiert und es nicht nach aufmerksamen Hunden aussah, habe ich mich mal dumm gestellt und bin einfach mal drauf los.
Über eine Wiese wollte ich aber auch nicht einfach gehen und so landete ich bei einem Haus, wo zwei ältere Herrschaften und der Hund (vermutlich nicht viel jünger, denn er nahm mich erst auf 10 Meter und nach meinem Gruß war) im Schatten saßen.
Es war wie überall: Die Dame erteilte dem Herrn den klaren Auftrag (Einwände/Widersprüche zwecklos), mir weiterzuhelfen und den richtigen Weg zu weisen.
Er schickte mich dann genau über die Wiese, über Pfähle/Zaun auf Fahrweg, bot mir sogar noch etwas zu Trinken an, nachdem er mich über meine Reise ausgefragt hatte. Ich lehnte dankend ab, denn ich hatte ja erst vor wenigen Minuten pausiert und wollte ja irgendwann heute noch ankommen.

Am Fahrweg hatte ich zwar keine Markierung, aber meinen Weg im GPS wieder, der nun auf einem ziemlich verwilderten Weg, an einem Naturschutzgebiet entlang führte, dann kam ein eigentlich nicht langer, aber ob der in der Rinne stehenden Hitze unglaublich Schweiß-treibender Anstieg, bevor ich auf einer Fahrstraße am Waldrand landete. Hier führte nun nicht mehr der Radweg um den Neusiedler See, sondern der Pußta-Radweg vorbei.
Ja, Ungarn ist nah, sehr nah und die Orte tragen hier teilweise zweisprachige Namen und haben westungarischen Bezug.

An ein paar Hügelgräbern geht es dann durch den Wald auf der Straße, die aber eigentlich nicht befahren ist. Leider werden die Bäume recht bald wieder lichter, bis ich schließlich in der Nachmittagshitze über offenes Gelände bis nach Siegendorf, meinem Tagesziel gehe.


Nach dem Frühstück und bis zum Bett gehen, werde ich insgesamt 5 (FÜNF) Liter getrunken haben. Ich kam mir vor wie ein Durchlauferhitzer - wobei, durchgelaufen ist eigentlich so gut wie nix, geschätzt habe ich 0,5 Liter dem Abfluß zugeführt.
Und der Rest ?
Vermutlich verdampft.
Ein Teil in den SCHWARZEN Bergstiefeln: Dort herrschte wohl ein Klima irgendwo zwischen Türkischem Dampfbad und Bio-Sauna, nach dem zweiten Aufguß.
Problem: Der Klebstoff von Tape und Blasenpflastern ist dafür einfach nicht gemacht, sondern er fließt davon, vorzugsweise in die Fasern der Wandersocken.

Da sind wohl noch Optimierungen gefragt ...


Begegnungen:
Der Weinbauer
Greifvogel
Reh
Storch
Fasanenpärchen
Älteres Ehepaar auf dem Privatgrundstück

Sonntag, 18. Juni 2017

Tag 03: A wie Alternative

Die Auswahl zwischen  Pest und Colera beschrieb mein Dilemma für heute evtl. am besten. Bereits im Vorfeld hatte ich in meiner Planung bestimmte Etappen mit Warnfarben hervorgehoben. Das waren insbesondere jene mit 10 oder mehr Stunden reiner Gehzeit (in der Steiermark haben sie eine Etappe wirklich mit 12,5 h angegeben - Selbstmord ist da mit dem großen Gerät aus meiner Sicht wohl der bessere Zeitvertreib, auch wenn Gert, der 1. Vorsitzende der ÖAV-Sektion Weitwanderer das wirklich (mit leichtem Gepäck) am Stück durchgegangen ist (Gerts Blog)) und die Etappen mit 30 oder mehr Kilometern. Man muß wissen, wo seine Grenzen liegen und das Wichtigste beim Weitwandern sind nicht die (kurzfristigen) Leistungsexplosionen, die es abzurufen gilt, sondern die Kontinuität.

Da ich wiederum hintenraus noch ausreichend zeitlichen Puffer habe, mich niemand zu einer bestimmten Route zwingt (Stempeln gehe ich - wie an anderer Stelle bereits erwähnt - ja auch nicht), kann ich immer versuchen, das Beste daraus zu machen.

Für den heutigen Tag auf der Originalroute hätte das wohl der Quadratur des Kreises bedurft, denn die Rahmenparameter waren:
- es läuft noch nicht richtig rund
- die ersten beiden Etappen auf dem harten Grund stecken mir in den Knochen
- Frühstück erst ab 08:00 Uhr
- 32 km und einiges an Höhenmetern
- 3. Etappe
+ Weg durch Wald
- laut Führer auch Forststraßen

Das wäre mörderisch, auch wenn eine Längsüberschreitung der ganzen Bergkette des Leitha-Gebirges sicherlich seinen Reiz hat - aber nicht für mich und nicht unter den gegebenen Umständen.

Aber die Alternative ist nicht weit: A
02A.
Teilweise gibt es offizielle Alternativrouten und für den späteren Bereich am Alpenhauptkamm gibt es sogar einen ganzen separaten Führer-Band für die nicht-alpine Variante.

Nachteil dabei: Es geht weiter auf befestigten Radwegen.
Aber wie heißt es so schön: Einen Tod muß man sterben - dann doch den Tod auf dem Radweg als in den Hügeln des Burgenlands, wenn es schon keine Berge hat :-)

Als es heute mal kurz nicht den Radweg entlang ging, war es dann gleich höchst abenteuerlich: Der Wiesenweg wurde immer zugewachsener, aber es waren noch Spuren im Gras zu erkennen, der Weg muß also immer mal genutzt werden, bis ich schließlich auf den Geleisen Stand. Ja, AUF.
Ich prüfte zuerst mal die Verkehrssituation und dann machte ich mich daran, zu eruieren, wo denn dieser wilde Weg weitergehen könnte.
Es schien eine Spur ins Dickicht zu geben, also Augen zu und durch. Als ich die Augen wieder öffnete, war ich meinen Hut los und mein Rucksack um jede Menge Verzierungen in Form von Astwerk, Blättern & Co reicher. Die letzten Überbleibsel habe ich dann vorhin im Hotel aufgelesen.
Danach wurde der Weg aber wieder breiter und führte in den nächsten Ort.


Ein Vorteil an diesem Radweg: Immer wieder herrlich angelegte Rastplätze und im Ort sogar mit Wasseranschluß. Die teilweise vorhandenen Kirschbäume bzw. deren momentaner Ertrag fand auch reißenden Anklang beim radelnden Publikum, die Kids klettern sogar in die Bäume. Mir war das allerdings zu mühsam - mit einem Ruheplätzchen mit Lehne im Schatten war ich bereits wunschlos glücklich.

Am Nachmittag kam ich dann an meinem heutigen Ziel in Oggau westlich des Neusiedler Sees an.
Nach der üblichen Restauration war mir wie gestern nach einem Tee und etwas Süßem. Daß die Mehlspeise (Apfelstrudel) gestern wirklich hausgemacht war, bezweifle ich auch heute noch, aber wenn ich mein Stückchen vom Glück hier betrachte, habe ich keine Zweifel:




Begegnungen:
Libellen in allen Größen und Farben (eine sitzt hier im Restaurant sogar an der Wand)
9 Pfauen (davon ein Herr im schwarzen Frack und acht Damen im braunen Kleidchen)
Kellner, der bereits 2x am portugiesischen Jakobsweg unterwegs war (Ausrüstung: 9,5 kg er, 7,5 kg die Frau - andere Länder, andere Sitten)
Mohntorte

Tag 02: Windkraft

Nach einem ausgiebigen Frühstück in der Unterkunft (vorbildlich: unter der Woche ab 05:30, am Wochenende ab 06:00 Uhr) packe ich wieder meine sieben Sachen.
Eilig habe ich es nicht, obwohl ich ja erst wieder mit dem Zug nach Parndorf zurück muß.
Nach dem Begleichen der Rechnung, hat die Chefin noch einen ungewöhnlichen Wunsch: Sie will noch ein Bild mit MIR. Flugs wird das Zimmermädchen herbei gerufen und nach einigen Handyproblemen (Mensch, ich bin also nicht alleine mit meiner Überforderung durch diese Dinger - man verzeihe mir auch aktuell z/y byw. ß/- Verwechsler: mein externes Keyboard ist gerade nur halb Deutsch: äöüÄÖÜ sind nämlich gar kein Problem) gelingt es schließlich mit dem Handy des Zimmermädchens wohl ein paar Erinnerungen an den vorbei kommenden Wanderer zu sichern, die dem Mann zur Anregung dienen sollen ...

Dann geht es den Kilometer zum Bahnhof. Prompt fährt mir der Zug vor der Nase weg, aber heute gar kein Problem: Ich habe ja keine Eile und der nächste fährt bereits 30 min später. Und das an einem Samstag. Sehr praktisch.


In Parndorf schultere ich dann wieder den Rucksack, wo ich am Abend des Vortags mich abgesetzt hatte.


Den ein oder anderen Hasen erwische ich wieder, die trotz des späteren Vormittags noch etwas transusig wirken. Und so ganz haben sie ihre Ohren auch nicht im Griff: Vom Schotterweg ins lange Gras hoppeln ist ja OK, aber wenn die langen Löffel noch oben rausschauen ... Gut, daß ich kein Jäger bin - wobei Hasenbraten hätte schon auch was, aber das ist wieder eine andere Geschichte.

Als ich den Randbereich des Ortes gen Südosten verlasse, fällt mir ein riesiges Gebiet bis zum Horizont mit Windkraftanlagen ins Auge. Hier, im flachen (Burgen-)Land (in Niederösterreich hatte ich gestern ja nur eine kurze Stipvisite gegeben) weht der Wind wohl häufig und viel, wenn die Spargel Reihe an Reihe stehen, aber es ist hier wirklich kein Schaden für die Landschaft.

Schon bald untertunnele ich erneut eine Autobahn gen Osten und komme dann mehr und mehr in Weinbaugebiet, eine andere wichtige Flächennutzung hier im Burgenland. Leicht bergab geht es auf Schotter- oder Asphaltwegen hinab nach Neusiedl am Neusiedler See.


Im Schatten an der Kirche läßt sich auf Bänken gut Mittag machen, denn ein Problem von gestern setzt sich fort: Es gibt kaum irgendwo Möglichkeiten sich mal zu setzen - von Bänken ganz zu schweigen.

Dann geht es gen Westen aus der Stadt auf einen Radweg. Die ersten 500 m noch parallel dazu auf einem Wiesenweg, aber dann ist der geteerte Radweg alternativlos.
Ich merke die mehr als 50 km fast ausschließlich auf hartem Untergrund in den Gelenken und vor allen Dingen in den Füßen - mit den schweren Bergschuhen hier loszulaufen ist etwas für Puristen. Kerstin, Peter und allen anderen empfehle ich bis auf weiteres die Nutzung eines Rads.

Da ich mit diesen Dingern (wie mit Handys) - trotz aktuellem Jubiläum - nix anfangen kann, heißt es nicht Jammern oder Murren, sondern Augen zu und irgendwie durch. Auf die frechen Kommentare von ein paar Wienern aus Südtirol werde ich bei Gelegenheit dann nochmal zurückkommen ... ;-)

Das mit diesem Neusiedler See scheint mir eine Art Marketing-Gag (oder neumodisch Fake-News) zu sein: Als ich am Ortsrand von Neudsiedl in einer Baulücke gerade mal nach Süden blicken kann, fällt mir eine grau-braune Fläche bis zum Horizont ins Auge. Erinnert mich an den Blick in die Lagune kurz vor Jesolo: Da sah man auch kein Wasser.
Also ich bin ja kein ausgemachter Fan des Bodensees, aber das ist wenigstens ein See. So mit Wasser, Ufer und Orten an selbigem.

Vom Seeradweg dem ich gen Westen folge, ist auch alles nur kein See zu sehen.

Die Kraft des Windes hat nun deutlich zugenommen: Daß gegen den Wind Radeln ziemlich zermürbend sein kann (schöne Grüße an Carolin + Sven an dieser Stelle und ihr Holland-Hamburg-Trauma - aber immerhin gibt es hier keine Schafe, deren Hinterlassenschaften und zugehörige Gatter), wußte ich bereits, hier ist es aber auch beim Laufen anstrengend und das nicht etwa auf 2.000m Höhe, sondern auf weniger als 200. Hinzu kommen die Seitenwindböen, denen mein Hinkelstein auf dem Rücken ordentlich Angriffsfläche bietet.

Puh, der Auftakt hat es hier ganz schön in sich, aber letztlich komme ich gut in meinem Quartier in Breitenbrunn an.

Dort gilt es dann die weitere Route zu planen, denn verschiedene Varianten stehen zur Wahl ...



Begegnungen:
Die Chefin, die Foto mit mir haben möchte
4 Hasen

Tag 01: Eine Frage des Blickwinkels

Heute soll es also endlich losgehen. Ab in den Urlaub !

Fräulein A. bringt mich nach dem Frühstück mit dem Auto nach Hainburg an der Donau dem Start- oder auch Ziel-Punkt des Zentralalpenwegs - auch wenn hier im niederösterreichischen Flachland von Bergen natürlich nicht viel zu sehen ist. Der 02er - wie er genannt wird - ist einer der 10 österreichischen Weitwanderwege (WWW), die nächstes Jahr ihr 40-jähriges Jubiläum feiern.

Am Sammeln von Stempeln habe ich kein Interesse und meine Route wird teilweise auch etwas variieren, aber sich an einem durchmarkierten Fernwanderweg orientieren zu können, hat immer etwas für sich. Aufmerksam wurde ich auf die WWWs als ich vor drei Jahren ein kurzes Stück eines 06ers (sternförmige Mariazeller Pilgerwege) und ein längeres Stück dem 03er (Südalpenweg) gefolgt war.

In Hainburg am Hauptplatz mitsamt seinem 02er-Startstein geht es also los.


Die Bodenkontrolle begleitet mich noch ein paar Meter, die für sie bereits bekanntes Terrain sind, war sie die Tage doch mit dem Rad auf dem Weg nach Bratislava hier vorbei gekommen.
Dann heißt es Abschied nehmen: Ihre Ferien gehen langsam zu Ende und mein Urlaub beginnt. Der Deal war ja, daß ich Ihr Auto nach Wien bringe, damit sie damit samt Fahrrad wieder nach Hause kommt. Was sie damals noch nicht im Kopf hatte, daß ich dann einen großen Rucksack dem Auto entnehmen und sie ohne mich zurückfahren sollte. Wie naiv, sie zu diesem Zeitpunkt war ;-)


Mal sehen, wie weit ich komme ...

Am Anfang geht es ein Stück direkt an der Donau entlang, auf der geschäftiges Treiben an Fracht- und Personenschiffen herrscht. Bereits nach einer Stunde ist Bad Deutsch-Altenburg erreicht, wo ich im Kurpark einen sportlichen älteren Herrn bei Dehnübungen an einem Baum mit 02er-Markierung (sollte ich das auch mal machen ?) knipse. Wir kommen ins Gespräch und haben ein Stück gemeinsamen Weges. Also er zum Haupthaus zum Mittagessen und ich dann daran vorbei und noch ein Stück weiter, denn heute stehen gleich mal 25 km an. Wie naiv, ich zu diesem Zeitpunkt war :-(
Der Herr erzählt von - aus seiner heutigen Sicht (auch die Zeit kann Blickwinkel verändern) - sinnlosen Leistungsmärschen z.B. in vier Tagen 125 km mit 36 kg Gepäck und 3,x kg Waffe als er in jüngeren Jahren beim Militär war - mir genügen bereits die ungewohnten 17,5 kg (inkl. 2 Liter Wasser) auf dem Buckel. Zum Abschluß des netten Gesprächs gibt er mir noch ein paar Atemtipps und erinnert mich an die 3er-Regel (3 min ohne Luft, 3 Tage ohne Wasser, 30 Tage ohne Essen), im Kopf leicht auf die aktuellen Verhältnisse angepaßt: 3 s ohne Luft, 30 min ohne Wasser, 3 Stunden ohne Essen - klingt nach einem Plan.

Durch Felder führt der Weg weiter bis nach Petronell-Carnuntum, auf einer Bank (die sind hier sehr selten !) am Bahnhof im Schatten gibt es nach 10 km die erste Rast. 40% des Tagespensums bereits geschafft ? - Wie naiv ich zu diesem Zeitpunkt noch war. Im Gegensatz zu den Glutofentemperaturen am Vortag in Wien ist es heute bewölkt und es geht immer ein Lüftchen. Von der Linde, unter der ich saß, werde ich wohl noch am Ende des Weges Reste in meinem Rucksack finden. Ab die dann gut getrocknet zu Lindenblütentee taugen ? ;-)

Kurz nach dem Ort ist das Heidentor der Römer dann der Wendepunkt der heutigen Tour:


Nun geht es nicht mehr gen Westen, sondern nach Süden.
Etwas später übersehe ich wohl eine Abzweigung und erst nach 800 m stelle ich auf dem GPS fest, daß ich eigentlich falsch bin. Da ich nicht zurückgehen möchte, gehe ich erst einen Weg parallel und später die 800 m gen Westen zurück auf den eigentlichen Weg.

Nach der Querung einer Straße führt der Weg geradewegs auf einem Damm ins Dickicht. Nun, vom 03er bin ich ja bereits einiges gewohnt und da Dornenranken und Brennesseln hier deutlich in der Unterzahl sind, klappt es auch recht gut. Ein Reh, das ca. 2m von mir unerkannt im grünen Stand, ist letztlich nur durch mein Einschlagen mit den Wanderstöcken auf ein Brennesselgebüsch aufgeschreckt worden und davon gesprungen. Am Ende des Wäldchens bin ich der Meinung, daß es ein paar Meter östlich, direkt am Fluß entlang vermutlich einen problemlos zu gehenden Weg gegeben hätte.


Nach einer kurzen Pause im Schatten mit Bisamrattenbeobachtungen muß ich erkennen, daß der 02er hier wegen einer Großbaustelle weiträumig, also richtig weiträumig umgeleitet wird. Der Weg am Fluß entlang ist schattig und kühl. Dann enden auch schon die Vorteile. Er windet sich wie der Fluß, der Untergrund ist wohl Überschwemmungsland, sandig/feucht und man sackt immer wieder ein, teilweise ist mein halber Schuh weg, dadurch fällt das Gehen schwer und die Myriaden an Stechviechern hier in diesem Sumpfland setzt dem ganzen noch die Krone auf.
Nichtsdestotrotz brauche ich nach einigen Kilometern mal wieder eine Pause, aber da ist nichts. Kein Stein, kein Baumstamm, nichts. Letztlich setze ich mich notgedrungen auf den Boden und bin mehr mit derm Erschlagen von Schnaken als mit mir selbst beschäftigt. Irgendwann ist aber auch dieser Abschnitt am Fluß zu Ende und nun heißt es durch die mittlerweile pralle Sonne nach Südosten zu gehen, um nach der Autobahn wieder auf die Originalroute zu stoßen. Die Umleitung zog sich über viele Kilometer und im Ergebnis standen derer VIER an ZUSATZ auf dem Zähler.
Zur Strafe ? Nein, zum Training ! - würde manch einer wohl sagen. Ja, ja, eine Frage des Standpunktes und der Sichtweise.

Die Asphalt und Schotterwege taten ihr übriges und langsam ging mit auch das Wasser aus.

Am Ortsrand von Parndorf hatte ich noch nettes Gespräch mit einem Familienvater (24h-Dauerlauf wäre ja nichts für mich - er und sein Kumpel haben nachts nach 18 Stunden und mehr als 80 Kilometern aufgegeben) und lasse mich noch wegen dem richtigen Bahnhof (Parndorf Ort Bhf oder Parndorf Bhf) beraten: Da wegen des nahen Nova-Rock-Festivals nämlich in weitem Umkreis sämtliche Betten (OK, in dem häßlichen Tower - sieht aus wie die hier allgegenwährten Silos - hätte es noch Zimmer für 400 EUR an der Autobahn geben ... !?) belegt sind, fahre ich insgesamt mehr als 25 km mit der Bahn nach Nordwesten (Gramatneusiedl), wo ich nochmal 1 km zur schönen Unterkunft vor mir habe.

Völlig erschöpft komme ich dort nach 31,5 km zu Fuß gegen 19:45 an. Was ein Tag.


Nun bin also (wieder) unterwegs, (wieder) gen Westen.
Manch einer mag jetzt denken, ich hätte mich auf die Jagd nach Martina (Martinas Blog) oder Ania (Anias Blog) gemacht, die bereits vor mir vom Osten Österreichs nach Westen gestartet sind, aber mal im Ernst: Das Weltraumaeffchen bezeichnen wir als Tier (ugs. auf gut bayerisch) und sie hat 56 Tage Vorsprung und Martina zwar nur 2 Tage - aber sie hat aus gewöhnlicherweise gut unterrichteten Kreisen eine deutlich kürzere Route nach Stein in Südtirol bekommen, wie man hört.

Respekt an die beiden Damen !
Alleine von Graz nach Monaco zu gehen ...
Also ich käme ja jetzt nicht auf die Idee, nach Monaco gehen zu wollen ;-)

Apropos, man könnte das auch anders sehen: Die Wissenden würden die Rechnung vielleicht anders aufmachen und mir 50 bzw. 104 Tage Vorsprung attestieren - aber das ist wieder eine andere Sache mit dem Blickwinkel und so ...


Begegnungen:
3 Hasen
1 kleine Schlange
1 dicke Bisamratte
1 Reh
Der sportliche ältere Herr in Bad Deutsch-Altenburg
Der nette Familienvater am Rande von Parndorf